Das Kongo Tribunal – Tour 2017

Das Projekt

Eine Woche lang begleite ich – embedded, also als Teil der Reisegruppe „Film Crew“ – den Theaterregisseur Milo Rau bei seiner Reise durch den Ostkongo. Hier zeigt er den Beteiligten seinen Dokumentarfilm „Das Kongo Tribunal“ (deutscher Kinostart: 16.11.2017).

 

Foto: IIPM

Das Kongo Tribunal“ – ein sogar für Milo Raus Verhältnisse größenwahnsinniges Projekt: Seit über 20 Jahren herrscht im Ostkongo Bürgerkrieg. Bis zu 6 Millionen Tote, tägliche Massaker, Vergewaltigungen – ein Menschenleben ist hier nichts wert.

Der Krieg ist unübersichtlich. Die Akteure: Regierung und Militär, Opposition, verschiedene Rebellengruppen, die größte und teuerste UNO-Blauhelm-Mission MONUSCO, indirekt aber auch EU, USA und China, die Rohstoffe aus der Region beziehen. Und natürlich die Bevölkerung, Opfer, die nicht gehört werden.

Vor einem symbolischen Gericht mit echten Anwälten und einer internationalen Expertenjury hat Milo Rau 2015 echte Opfer, Politiker beider Lager und internationale Bergbaukonzerne zusammengebracht.

DAS KONGO TRIBUNAL Trailer_DE from FRUITMARKET on Vimeo.

Natürlich hatte das Tribunal keine rechtlichen Folgen, symbolische Kraft aber schon, wie der Film zeigt. Zwei Minister mussten tatsächlich zurücktreten. Bei den Opfern ist Hoffnung auf Gerechtigkeit aufgekeimt.

Auf seiner Tour wird Milo Rau die Beteiligten von 2015 treffen, gemeinsam den Film anschauen und darüber diskutieren.

Von Ruanda geht es mit dem Auto nach Bukavu, dann in einige Bergdörfer in der Region. Auch die Filmvorführung im Panzi Hospital Bukavu wird sicher spannend: Dr. Denis Mukwege hat hier seit knapp 20 Jahren 25.000 vergewaltigte Frauen und Kinder „repariert“. 

Über den Kivu-See fährt das „Kongo Tribunal“-Team dann in den Norden nach Goma. Die letzte Filmvorführung ist in Ruandas Hauptstadt Kigali.

Was ich weiß

Die Demokratische Republik Kongo. 6,5 Mal so groß wie Deutschland, ähnlich viele Einwohner.
EIn Land, so reich an Rohstoffen wie kaum ein anderes: Kupfer, Gold, Diamanten, Uran, Zinn, Kobalt und Coltan, das in allen Handys und Computern steckt. Dazu äußerst fruchtbare Böden. Wirtschaftswachstum über 8%.

Die Minen werden hauptsächlich von internationalen Konzernen betrieben. Die Regierung verdient daran auch mit. Doch bei der Bevölkerung kommt von den Reichtümern nichts an. – Human Development Index: 0,435, Rang 176 von 188 (Deutschland belelgt mit 0,926 Rang 4).

Vor dem Krieg im (Ost-)Kongo sind 2016 knapp 1 Million Menschen geflohen – mehr als aus Syrien oder dem Irak. Die meisten leben als Geflüchtete woanders im Kongo, viele sind aber auch unterwegs nach Europa.

Präsident Joseph Kabilas zweite Amtszeit hätte 2016 enden sollen. Doch er schiebt die Wahlen immer weiter hinaus. Im Spiegel-Interview kann er sich an sein Versprechen, die Wahl 2017 abzuhalten, nicht erinnern. Seit sich das abzeichnet, hat die Gewalt u. a. im Osten des Kongo wieder zugenommen. Die Zukunft scheint ungewiss.

Was ich herausfinden will

Ich berichte seit 2009 über Milo Rau. Ein politischer Künstler, der bisher alles durchgezogen hat, was er sich vorgenommen hat. Auch das Tribunal im Kongo-Dschungel. Damit hat er gezeigt, dass Gerechtigkeit dort möglich sein könnte. Dass ein Außenstehender es zumindest schaffen kann, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Symbolisch einwandfrei. – Doch was hat der Riesenaufwand tatsächlich gebracht? Was kann Theater konkret politisch erreichen? Wie geht es den Opfern heute? Wie blicken die Menschen hier in die Zukunft?

Darüber blogge ich hier.

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